Leseprobe aus Konfliktcoaching und Mediation

Herausgeber Werner Müller Sammlung Infoline 34 Jahr 2022

Den vollständigen Beitrag senden wir Ihnen auf Anfrage gerne per E-Mail zu.

Artikel von Jutta Nissen-Rix: Betriebliche Team-Mediation

Ich möchte Ihnen im Folgenden einen Fall aus dem Bereich der betrieblichen Team-Mediation beschreiben und schildere Ihnen unsere Arbeit im Ablauf der Arbeitsphasen der Mediation. Ich freue mich, wenn die Erläuterung dieses Praxisfalles – mit unseren Gedanken dazu in kursiv gesetzt – Ihnen Lesefreude bereitet. Es freut uns, wenn unsere Arbeit Früchte trägt – wie in diesem Fall. Wir bewegen uns als Mediatoren in den jeweiligen Betriebssystemen, und manchmal gelingt eine Anregung zur konstruktiven Veränderung. Aber auch von anderen nicht so gelungenen Fällen könnte ich berichten – einen positiven Verlauf wiederzugeben macht mir jedoch deutlich mehr Freude!

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Erstkontakt    

Auf Empfehlung hin erhielten wir die telefonische Anfrage eines Geschäftsführers (genannt GF) eines KMU-Unternehmens in einer Stadt mit knapp 100.000 Einwohnern (wegen der Vertraulichkeit nennen wir weder Namen noch Produktlinie).
Zum einen geht es um ein relativ neues Geschäft, das sich in einem Einkaufszentrum am Rande der Stadt befindet. Dieses soll vermehrt Kunden ansprechen, die „im Vorbeigehen“ etwas kaufen und die Innenstadt grundsätzlich eher meiden. Zusätzlich gibt es noch zwei weitere Läden – einen in derselben Stadt und einen weiteren in einer Kleinstadt ca. 40 Kilometer entfernt – mit identischem Angebot. Diese Konstellation hat sich aus einem Zusammenschluss zweier vorher konkurrierender Unternehmen der gleichen Branche ergeben – Grund dafür war die Konkurrenz durch den Internethandel und die Hoffnung auf Synergieeffekte.

Das Anliegen

„Kurz und knapp gesagt“, so erklärte uns der Geschäftsführer, „herrschen wohl leider einige Konflikte. So kann es nicht weitergehen, denn der Umsatz ist stark gesunken und die Krankheitsquote ge-stiegen.“

Wir arbeiten nach einem typischen Phasen-Modell der Mediation (siehe 1)

Erstkontakt (Anruf oder E-Mail des Kunden)
– Vorgespräch (bevorzugen wir in Präsenz)
– Auftragsklärung mit dem Kunden
Bei erteiltem Auftrag folgt
– Kennenlernen der Mitarbeiter und Auftragsklärung mit dem Team
– Zusammenstellung der Themen
– Bearbeitung der Themen/Konflikte
– Lösungsmöglichkeiten finden
– Vereinbarungen treffen
Anschließend vereinbaren wir gerne ein Nachgespräch zur Kontrolle der Nachhaltigkeit.

Vorgespräch in den Räumlichkeiten des GF

Es erfolgte die Vorstellung des Mediatoren-Teams (wir arbeiten grund-sätzlich mit zwei Mediatoren), kurze Darstellung unserer Arbeit und dann galt es, viele Fragen zu klären (typischerweise: „Was ist der Unterschied zwischen Mediation und Unternehmensberatung“; „welche Erfahrungen haben Sie auf diesem Feld“; „Welche Kosten entstehen und wie lange dauert das?) sowie die Erläuterung unserer Arbeits-weise. In dieser Phase geht es wesentlich um
– Vertrauensaufbau
– Sammeln von Information
– Klärung von Fragen (unsere und die des Kunden)
– Darstellung des Ablaufs einer möglichen Mediation
– Erläuterung von Verfahrensweisen
sowie das Ausarbeiten eines Vertrages (Zeiten, Honorar, Absprachen)

Wir sprechen intern davon, dass es auch „ein/zwei bittere Pillen“ zu schlucken gibt. Zum einen ist das die Vereinbarung der Vertraulichkeit, denn wir werden keine Gesprächsprotokolle der Arbeit mit den Mitarbeitern anfertigen – und dieses widerspricht oft dem (verständ-lichen) Wunsch einer Leitung nach Kontrolle. Wir fertigen eine mit dem Team abgestimmte Abschlussvereinbarung an, welches dem GF/der Leitung dann zur Verfügung gestellt wird. Zum anderen ist die konkrete Arbeitszeit für eine Team-Mediation schwer voraussagbar. Als erfolg-reich in unserer Arbeit hat sich gezeigt, mit den Mitarbeitern/Leitungen Einzel- und Gruppengespräche zu führen – und danach einen gemein-samen Team-Tag zu gestalten. Und dann hoffen wir, dass die Zeit ausreichend war oder ggf. muss es dann eben einen anderen Tag weitergehen!
Der dargestellte Rahmen eines Team-Tages ist unsere übliche und von uns favorisierte Arbeitsweise und wird gut akzeptiert, denn wir haben festgestellt, dass dieses Konzept den Bedürfnissen nach Planbarkeit und Struktur entspricht. Häufig kommt die Frage auf, ob an diesem Tag die Führungskräfte/“Chefs“ involviert werden sollten – unserer Erfahrung nach ja! Konflikte treten auf allen Hierarchie-Ebenen auf – und es gibt durchaus Situationen, wo Mitarbeiter stellvertretend Konflikte anderer Hierarchie-Ebenen austragen. Zudem ist dieser Team-Tag ein wunderbarer Ort, Unausgesprochenes/ Ungeklärtes in einem moderierten Rahmen auch zwischen deutlich unterschiedlichen Hierarchieebenen zu besprechen.

Im Bericht folgt dann noch ausführlich:

Jede Firma hat eine Geschichte: Zahlen, Daten, Fakten, Historie

Auftragsklärung mit dem TEAM …

Die zusammengefassten Themen aus den Gruppenabenden …

Team-Tag …      Ablauf …

Abschlussvereinbarung …

Abschluss 

Bei der kurzen Abschlussrunde (a) „Was werden Sie jetzt noch heute Schönes unternehmen?“ und b) „Wie zufrieden sind Sie mit den Ergebnisse auf einer Skala von 1 bis 10?“) wirkten die Teilnehmer verständlicherweise erschöpft, denn sie hatten harte Arbeit geleistet (und wir auch!) Die Skalenfrage wurde von den meisten zwischen 7 und 8 bewertet (und 2* 9; 1* 10; 1* 4; 1* 6).

Sind wir zufrieden mit unserer Arbeit? Ja! Mein Anspruch an mich und uns ist im Laufe der Jahre „milder“ geworden. Wir bereiten uns bestmöglich und detailliert vor, sind mit Herzblut dabei und haben aufgrund unterschiedlicher Berufe und Qualifikationen viele hilfreiche Kompetenzen. Trotz alledem können wir nicht „allen alles Recht machen“. Wir schauen auf den Durchschnittswert und haben für uns generell das Ziel von 7-8 gesetzt.

Zu uns

Wir arbeiten seit 15 Jahren mit Seminaren und Fortbildung, Mediation, Beratung und Coaching; zudem bilden wir Mediatoren aus. „Mediation & Beratung Sylt“ erhält seine Aufträge aus dem Empfeh-lungsmarketing. Thomas Rix ist Kaufmann im Groß-und Außenhandel, Diplom-Betriebswirt, hat Einzelhandelsgeschäfte geführt, war über viele Jahre Vertriebsleiter und arbeitet als Mediator. Jutta Nissen-Rix ist Bankkauffrau, Studium BWL und Erziehungswissenschaften (Diplom-Pädagogin). Sie arbeitet als Mediatorin, Ausbilderin für Mediation und ist tätig in Fort- und Weiterbildung. Neben diversen Zusatzqualifi-kationen (Systemische Beratung, Supervision, Moderation, Rhetorik) absolvierte sie auch Fortbildungen „anderer Art“ (Ritualarbeit, Aufstellungsarbeit, Bio-Energetik).
Wir hoffen, dass wir („in unserem Alter“) mit den Erlebnissen aus diversen Aufträgen und aufgrund der Menschen, die wir in diesem Zusammenhang kennenlernen durften, auch ein Mehr an Erfahrung und Reife gewonnen haben. Nach wie vor macht es uns Freude, mit Menschen zu arbeiten, sie in ihrer Eigenart wertzuschätzen, sie aber auch zu irritieren, anzuregen – und vor allem uns selbst mit Humor kritisch zu hinterfragen. Ich hoffe, dieser Bericht hat Ihnen gefallen – vielleicht auch mal zum Schmunzeln gebracht – und Sie können es „besser“, „schlechter“ oder einfach ANDERS machen, viel Freude dabei!

  1. Oboth, Bähner, Schmidt: „Konfliktklärung in Teams & Gruppen“ im Junfermann Verlag
  2. Lütkehaus, Pach: „Basiswissen Mediation“ im Wolfgang Metzner Verlag
  3. Bauer-Mehren, Köstler: „Der Konflikt weiss alles besser! Worldwork, Quantenphysik und Mediation“ im Concordia Verlag
  4. Gerhard Schwarz: „Konfliktmanagement: Konflikte erkennen, analysieren, lösen“ im Springer Gabler Verlag
  5. Friedrich Glasl: „Konfliktmanagement“ im Verlag Haupt, Freies Geistesleben